Der Begriff der „Gestalt“ ist in der originalsprachlichen Terminologie des Remote Viewing ein zentraler Begriff. Gerade weil es ein Lehnwort aus der deutschen Sprache ist, kommen wir hier mit der Übersetzung in Konflikte, denn die Bedeutung des Wortes ist im RV-Sprachgebrauch eine andere.

Was ist mit „Gestalt“ im Remote Viewing gemeint?

Im umgangssprachlichen Gebrauch – also der Begrifflichkeit, die uns am nächsten ist – bezeichnet die „Gestalt“ einen hauptsächlich visuellen Eindruck, eine äußere Form oder Umriss, der die Erscheinung von Dingen oder Lebewesen charakterisiert. Der englischsprachige Viewer versteht hingegen unter „Gestalt“ viel mehr als das, sozusagen einen Gesamteindruck, ein Abstract aller wahrnehmbaren Daten oder auch eine Essenz des Targets, und ist damit nicht auf die visuelle Vorstellung beschränkt, die wir uns automatisch bei der Verwendung dieses Wortes machen.

Am ehesten gleicht die hier gemeinte „Gestalt“ des Remote Viewing Targets dem philosophischen (Fach-)Begriff, der den Übergang der äußerlich wahrnehmbaren Welt zur inneren Vorstellungswelt beschreibt. In ihm verbindet sich die Aktivität der Handlung mit der Passivität der Wahrnehmung zu einer Einheit, in welcher der Übergang zwischen Anschauung und Bedeutung verschmilzt.

Auszug aus dem originalen CRV-Manual von Paul H. Smith:
Ein einheitliches Ganzes; eine Konfiguration, ein Muster oder ein organisiertes Feld mit spezifischen Eigenschaften, die sich nicht aus der Summierung seiner Bestandteile ableiten lassen.

Da der Gestaltbegriff für das Funktionsverständnis des Remote Viewing essentiell ist, sollte man sich auf jeden Fall mit den Feinheiten dieser Begriffsdefinition vertraut machen. Als Erklärung kann man sich hilfsweise den Satz „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ ins Gedächtnis rufen.

Lyn Buchanan schreibt dazu:

Das Wort „Gestalt“ ist kein Begriff aus dem Remote Viewing, auch wenn Sie es dort am häufigsten hören werden. Es ist in der Tat ein psychologischer Begriff, der die grundlegende konzeptionelle Qualität oder den grundlegenden Aspekt einer beliebigen Sache bezeichnet. Zum Beispiel haben „Tau“, „See“, „Ozean“, „Schweiß“, „Regen“, „Eis“, usw. alle die Gestalt von „Wasser“. Wenn Sie „Benzin“, „Bleiche“ und „Öl“ zu dieser Liste hinzufügen würden, wäre die Grundgestalt „Flüssigkeit“.

Remote Viewing beginnt damit, dass der Viewer die Grundgestalten des Ortes erhält und dann jede Gestalt einzeln nimmt und ihre individuellen Qualitäten beschreibt. So könnte eine Sitzung damit beginnen, dass der Betrachter feststellt, dass das Target die Grundgestalten „Land“, „Wasser“ und „künstlich“ hat. Der zweite Schritt oder die zweite Stufe des Remote Viewing Prozesses besteht darin, zunächst das „Land“ des Targets zu beschreiben, dann den „Wasser“-Aspekt und schließlich den „Mensch“-Aspekt des Targets zu beschreiben. Auf diese Weise baut sich ein Bild des Targets in einer störungsfreien Umgebung auf.

Eine Möglichkeit, das Wort „Gestalt“ zu verstehen, ist zu sagen, dass es die „—heit“ des Targets ist. Das heißt, „das Target hat eine Wasser-heit, eine Land-heit und eine Menschen-heit“.

The word “gestalt” is not a remote viewing term, even though that is the place you will hear it most. It is, in fact, a psychological term which means the basic conceptual quality or basic aspect of any one thing. For example, “dew”, “lake”, “ocean”, “sweat”, “rain”, “ice”, etc., all have the gestalt of “water”. If you were to add “gasoline”, “bleach”, and “oil” to that list, the basic gestalt would be “liquid”.

Remote viewing starts off with the viewer getting the basic gestalts of the site, and then taking each gestalt individually and describing its individual qualities. So, a session might begin with the viewing finding that the target has the basic gestalts of “land”, “water”, and “manmade”. The second step or stage in the remote viewing process is to first give an actual description of the “land” at the site, then the “water” aspect of it, and then describe the “manmade” aspect of the target. In this way, a picture of the target builds up in a pollution-free environment.

One way of understanding the word, “gestalt” is to say that it is the “—iness” of the target. That is, “the target has water-iness, land-iness, and manmade-iness to it.”

Gunther Rattay erklärt das so:

Die Gestalt ist die allumfassende Beschreibung des Zielgebiets, das der Viewer durch die Koordinate adressiert.

Einfach gesagt ist die Gestalt das, was in S5 die oberste Informationsebene der Information ist, die dann in Objects, Attributes, Subjects heruntergebrochen wird. Eine Gestalt kann z.B. sein „Der Eiffelturm“, und ist damit ein Sammelsurium an Bauwerk, Funktionalität, Aktivität, und zusätzlich ist auch noch der gesamte lifecycle – von der Entstehungsgeschichte, der Idee, wie er konzipiert wurde, bis zu dem Moment, wo sein Schrott im Erdboden vermodert – inbegriffen.

Im RV-Protokoll ist die Gestalt die Quelle und das Ideogramm die auf zwei Dimensionen heruntergebrochene Repräsentation hiervon. Der Gestaltbegriff ist ein organisatorischer Ausdruck einer Übersichtsbezeichnung eines beliebig komplexen Ablaufes in unserer vierdimensionalen Alltagswelt. In der Matrix selbst haben wir möglicherweise den größten Informationsgehalt, den diese multiversale Realität überhaupt anbieten kann, und können dies trotzdem als einen Komplex mit einem Ideogramm darstellen. Das zeigt, wie mächtig diese Struktur oder der Mechanismus ist, der mit diesem einfachen Ausdruck „Gestalt“ bezeichnet wird. Es ist ein simpler Ausdruck für eine Möglichkeit, alles zu beschreiben.

Den Qualitätsunterschied zwischen der Gestalt und dem Ideogramm als seiner Repräsentation könnte man mit folgendem Vergleich darstellen: Eine einstündige Videoaufnahme von einem Sommerurlaub ist nicht das, was man insgesamt erlebt hat, sondern eine Repräsentation hiervon. Die Gestalt des „Sommerurlaub“ hingegen umfasst alles, was man selbst bewusst erlebt hat, die kompletten Sinneseindrücke, Emotionen, den lifecycle dieser Ereigniskette und zusätzlich alle umgebenden Aspekte, die damit verwoben sind. Das ist viel umfassender als das, was letztlich auf dem Video aufgezeichnet ist. Deshalb ist die Gestalt immer die allumfassende, völlig komplette, aber interessanterweise auch hochgradig mit anderen Ereignissen vernetzte Gesamtentität.

Gestalt als Schlüsselbegriff der Remote-Viewing-Informationstechnologie ist ein Fundament für das Verständnis des Zusammenwirkens unseres Bewusstseins mit allen Aspekten des Alltagslebens, vom Kleinsten bis hinauf zu den komplexen Dynamiken in diesem Universum.