Mythos: Für Remote Viewing braucht man kein Protokoll.
Ein häufig gebrauchtes Argument von selbstdeklarierten Remote Viewern, die „freestyle“ arbeiten, ist, dass man kein Protokoll bräuchte, um Remote Viewer zu sein. Seit der Begriff „Remote Viewing“ seinen Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat, werden darunter teilweise alle möglichen Techniken subsummiert, die irgendwie mit einer Informationsbeschaffung mittels Psi-Fähigkeiten zu tun haben. Welche da von sind nun Remote Viewing und welche nicht? Und welche Rolle spielt dabei ein Protokoll? Abgesehen von der Kontroverse über die Begriffsdefinition Protokoll/Methode [1] (hier ein ausführlicher Artikel dazu) können wir das wie folgt betrachten:
Der Begriff Remote Viewing bezeichnet tatsächlich nur die Fähigkeit zu extrasensorischer Wahrnehmung (ASW/ESP).
Eine Definition für Remote Viewing lautet:
„Unmittelbares Gewahrsein oder Erleben von entfernten Orten oder Ereignissen in Raum und Zeit, die der gewöhnlichen Wahrnehmung durch Entfernung, Abschirmung oder Zeit entzogen sind und im Allgemeinen als sicher vor einem solchen Zugriff durch alle bekannten physikalischen Mittel oder durch logische Schlussfolgerungen gelten.“
(Quelle: H.E. Puthoff „The story behind the stories“ | IRVA Conference 2015)
Eine Teilmenge davon ist das Remote Viewing mit Protokoll. Korrekterweise müsste man also das Protokoll/die Methode benennen (z.B. GRV, CRV, ERV, TRV, HGRV…), um diese Arbeitsweise von anderen PSI-Anwendungen wie Hellsehen, Channeln, Tarot, Klarträumen, Vorahnungen etc. zu unterscheiden, denn technisch gesehen gibt es hier große Unterschiede.
Da im allgemeinen Sprachgebrauch – auch der in einer der oben genannten Methoden ausgebildeten Viewer – der Terminus „Remote Viewing“ üblich ist, entsteht an dieser Stelle leider eine begriffliche Verwirrung, die regelmäßig dazu führt, dass Protokoll-Viewer mühsam erklären müssen, warum ihre Arbeit mit Channeling oder Hellsehen nicht vergleichbar ist.
Ein weiteres Missverständnis ist, dass die frühen Remote Viewer generell ohne Protokoll/Methode gearbeitet haben. Was stimmt ist, dass erst 1981 mit der Entwicklung des späteren (militärischen) CRV-Protokolls begonnen wurde, während die Viewer am SRI bereits seit 9 Jahren (Beginn 6. Juni 1972) und in Ft. Meade bereits seit 2,5 Jahren (Beginn April 1979) aktiv waren.
Haben diese also ohne Protokoll geviewt? Nein, und auch wenn es damals noch keinen Namen für die Arbeitsmethode gab, die wir heute als Generic Remote Viewing (GRV) klassifizieren, folgte das trotzdem einem festgelegten Arbeitsprotokoll. Anders ist wissenschaftliches Arbeiten auch nicht denkbar, Dokumente aus dem SRI belegen das „Standard Remote Viewing Protocol“, das unter anderem Prämissen wie die Verblindung der Viewer und Judges, das Feedback, und zum Beispiel den Versuchsaufbau der bekannten Outbounder-Experimente umfasst.
Auch Mel Riley und Joe McMoneagle, die seit 1979 unter dem Monitoring von Skip Atwater in Ft. Meade als Viewer eingesetzt waren, haben nicht „freestyle“ geviewt, sondern folgten ihrem Arbeitsprotokoll, welches Aufnahmeprozess, Tasking und Monitoringregeln, Cooldown etc. umfasste. Lediglich das Aufschreiben der Audioaufnahmen übernahm in diesem Fall das Sekretariat und nicht der Viewer während seiner Session. Das allein ist aber kein Grund, das Fehlen eines Protokolls zu attestieren.
Das nebenstehende Diagramm zeigt den ungefähren chronologischen Beginn, die Dauer des Dienstes und den Endpunkt jedes der bekannteren Mitglieder des Star-Gate-Programms der Regierung. Gut zu sehen ist hier der Zeitraum des Trainings durch Ingo Swann. (Quelle: Paul H Smith: The Essential Guide to Remote Viewing)
Fazit: Für die reine Fähigkeit zur Fernwahrnehmung (Ingo Swann prägte am 8. Dezember 1971 den Begriff „Remote Viewing“) braucht man sicherlich kein Protokoll („Methode“), für eine sinnvolle Anwendung allerdings schon.
Bei einer wissenschaftlichen oder standardmäßigen Arbeitsprozedur gibt es immer ein „Protokoll“, das strukturiertes Arbeiten überhaupt erst möglich macht. Theoretisch könnte man sogar sagen, dass es bei den Orakeln von Delphi schon ein gewisses Protokoll gab.
Das, was wir heute unter dem Remote-Viewing-Protokoll verstehen, ist also eine festgelegte Verfahrensweise zur Vorgehensweise bei einer Remote-Viewing-Session.
[1] Ein Protokoll ist „eine verbindliche Vereinbarung über den Inhalt und den Ablauf einer Sache“. (Vgl. wissenschaftliches Protokoll, diplomatisches Protokoll, IT-Übertragungsprotokoll, etc.). – Eine Methode ist „ein regelmäßiges Verfahren oder Vorgehen zur Gewinnung von [wissenschaftlichen] Erkenntnissen“. Die Abgrenzung von beiden ist höchstens semantisch, aber nicht faktisch gegeben.