In diesem Artikel geht es um den Remote Viewer Nr. 1 – nicht den, der die 001 als Nummer trug, sondern denjenigen, der als erster offizieller Remote Viewer die militärische Einheit unterstützte: Mel Riley.
Melvin C. „Mel“ Riley, Viewer-Nr. 011
Wie einige andere der frühen Remote Viewer hatte auch Mel Riley in seiner Vergangenheit übersinnliche Erfahrungen gemacht. Dies spielte wahrscheinlich keine Rolle bei seiner Auswahl für den Aufbau der Einheit in Ft. Meade, soll aber nicht unerwähnt bleiben, um das Bild dieses Mannes vollständig zu zeichnen.
Mel Rileys eigentliches Einsatzgebiet bei der Armee war bei der Auswertung von Luftaufklärungsbildern. Seinen Dienst bei der Armee begann er am 7. Juli 1969, und wurde schon im selben Jahr nach Deutschland (Kaiserslautern) geschickt, von dort aus Anfang 1970 dann nach Wiesbaden versetzt. Dort arbeitete er als Luftbeobachter bei Flügen der Luftwaffe über gesperrtem Gebiet und als Auswerter von Satelliten- und Luftaufklärungsdaten, die über den Warschauer Pakt gesammelt wurden. [1]
Als Luftbeobachter war es seine Aufgabe, in Flugzeugen mitzufliegen, aus dem Fenster zu schauen und der Besatzung zu sagen, wann sie die Kameras ein- und ausschalten sollte, um Informationen zu sammeln. Mel hatte ein intuitives Gespür dafür, die richtigen Informationen zur richtigen Zeit zu erhalten. Danach arbeitete er als Spezialist für Bildinterpretation für die „Spione am Himmel“ des US-Militärs, U2, SR71 und andere Luftüberwachungsprogramme. [2]
Eine Geschichte erzählt, dass Mel deshalb in die Runde der ersten 12 Kandidaten für die Remote-Viewing-Ausbildung ausgewählt wurde, weil seine Fähigkeiten im Aufklärungsdienst als außergewöhnlich aufgefallen waren. Ein Agent hatte ein Foto einer militärischen Maschine gemacht, die vollständig von einer Plane bedeckt war. Mel zeichnete das, was er sich unter der Plane vorstellte, auf, und das Feedback, das er erhielt, lautete: „Sie sind total ausgeflippt“. Unmittelbar soll er von Oberst D. Press nach Ft. Meade geschickt worden sein (1976), um in einem speziellen Team zur Bewertung von Sicherheitslücken zu arbeiten. Dort teilten er und Lt. Fred „Skip“ Atwater sich benachbarte Schreibtische. Im Jahr darauf entwickelte Skip Atwater dort die psychologischen Tests, mit denen für das Projekt „Gondola Wish“ (später Projekt „Grill Flame“) in Zusammenarbeit mit dem SRI nach geeigneten Kandidaten für eine Remote-Viewer-Ausbildung gesucht wurde.
Mel Riley wurde als perfekt für das Programm identifiziert und wurde der erste offizielle Remote Viewer der US-Regierung im Projekt Gondola Wish, Operations- und Trainingsoffizier Skip Atwater diente für die Einheit von Anfang an als Projektmanager und Monitor.
Ende 1978 und Anfang 1979 arbeitete Mel Vollzeit als einer der wenigen militärischen Remote Viewer in dem damals neu benannten „Grill Flame“-Programm.
Die Ft. Meade Remote Viewing Unit
Ursprünglich sollten Puthoff und Targ nach Fort Meade kommen, um insgesamt 12 vorausgewählte Kandidaten zu beurteilen und die drei besten für eine weitere Ausbildung auszuwählen.
Aber die beiden Wissenschaftler fanden die Gruppe so vielversprechend, dass sie sie nicht auf drei reduzieren konnten. Sie wählten zunächst 6 von den 12 aus, und einige der anderen blieben in der folgenden Zeit als Gelegenheits- und Teilzeitkräfte ebenfalls mit dem Programm verbunden. Bei den 6 ausgewählten war der Plan, sie jeweils einen nach dem anderen zur vorläufigen Bewertung ans SRI nach Menlo Park, Kalifornien, zu schicken. Nachdem man sich mit allen Kandidaten näher beschäftigt hatte, würden dann die drei besten noch einmal zurückkehren für eine erweiterte Ausbildung.
Die sechs Remote Viewer waren
- Mel Riley
- Hartleigh Trent
- Ken Bell
- Joe McMoneagle
- Nancy S.
- Steve H.
Die Rotation zum SRI begann im April 1979. Nur ein paar Monate später, am 4. September 1979, hatte die Einheit ihren ersten offiziellen operativen Einsatz.
Ironischerweise handelte es sich dabei nicht um die ursprüngliche Aufgabe, die Spionageabwehr zu bewerten, sondern um die Suche nach einem vermissten Navy A-6E Intruder-Kampfjet, der irgendwo in den südlichen Appalachen abgestürzt war. Die Anfrage kam von General Thompsons Büro, als die Nachricht von dem Absturz bekannt wurde. [1]
Remote Viewing von Mel Riley
Nach seiner Rückkehr nach Ft. Meade war er maßgeblich an Remote Viewing-Projekten von historischer Bedeutung beteiligt, wie z. B. der Arbeit an den amerikanischen Geiseln im Iran und dem sowjetischen Engagement in Afghanistan. Die Arbeit während dieser frühen Jahre in der Remote Viewing-Einheit von Ft. Meade war sowohl entwicklungsorientiert als auch operational. Mels Bemühungen spielten eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Richtlinien, standardmäßigen Verfahren und Techniken, die für das „psychische Spionageprogramm“ der Regierung prägend sein sollten. [1]
Die damals angewandte Methode – heute GRV (Generic Remote Viewing) benannt, war angelehnt an die Arbeitsmethoden im SRI. Der Viewer lag in einem abgedunkelten Raum und begab sich mental in einen tieferen Bewusstseinszustand, während er von einem Interviewer/Monitor, meist in der Person von Skip Atwater, befragt wurde. Die Sessions wurden per Audio aufgezeichnet und später transkribiert.
Nach etwas mehr als 5 Jahren Dienst in Ft. Meade wurde Riley im August 1981 nach Deutschland zurückversetzt, um sich wieder der 497. RTG anzuschließen und seine frühere Arbeit als Luftbeobachter fortzusetzen, wobei er oft „hinter den Linien“ des Warschauer Paktes flog und seine Arbeit in einem verdeckten C-130-Aufklärungsflugzeug verrichtete, das das von der Sowjetunion besetzte Gebiet zwischen Westdeutschland und West-Berlin überflog. Bereits 1984 gab es einen Versuch, ihn zu der Remote-Viewing-Einheit zurückzuversetzen, stattdessen wurde er aber damals zu den Luftaufklärern nach Georgia geschickt. Als die DIA später in das INSCOM-Programm einstieg (Dragoon Absorb, ab 1986 Sun Streak) wurde es endlich möglich, Mel nach Ft. Meade zurück zu versetzen. Mel Riley war damit die erste und einzige Person, die zweimal im militärischen Remote-Viewing-Programm eingesetzt wurde.
1986 war in Ft. Meade bereits die CRV-Methode als Arbeitsstandard etabliert. Mel arbeitete sich schnell ein und beherrschte das „Coordinate Remote Viewing“ gut, wie die nebenstehende Beispielsession von 1986 zeigt. Er nutzte CRV und auch GRV für seinen Dienst als Remote Viewer bis zum Ende seiner Militärkarriere 1990.
Zu den bemerkenswerten Projekten, an denen er in dieser Zeit arbeitete, gehörten Remote Viewing von sowjetischen Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, das US-Tarnkappenflugzeugprogramm, Geiseln im Nahen Osten, Drogenhandel während des Krieges gegen Drogen, und viele andere. Während seiner beiden Remote Viewing-Einsätze arbeitete er nicht nur als Viewer, sondern auch als Projektleiter, Monitor und Analyst. [1]
Die Akkuratheit der Skizzen von Mel nach langjähriger RV-Erfahrung ist teilweise sehr erstaunlich, das nachfolgende Beispiel zeigt zwei Skizzen aus einer operationalen Session von Februar 1990 (Projekt 9001-A), bei der nach dem Aufenthaltsort einer bestimmten Zielperson gesucht wurde. An diesem Projekt waren Viewer 079 (Angela D.), Viewer 032 (David Morehouse) und Viewer 011 (Mel Riley) beteiligt.
Nach der Militärzeit
Am 1. Juli 1990 ging Mel Riley in den Ruhestand und verließ Ft. Meade.
Er hatte das Ende seiner Armeekarriere erreicht, ging als Master Sergeant in den Ruhestand und zog in seinen Heimatstaat Wisconsin. Wir veranstalteten eine Abschiedsfeier für ihn im Haus von Ed Dames. Ed, der Mel sehr nahe stand, kaufte ihm ein schnittiges, grünes Old Town-Kanu, das er auf dem Angelsee hinter Mels neuem Haus benutzen konnte. Greg und ich schenkten ihm Paddel. [3]
Er ließ sich mit seiner Frau Edith, einer erfahrenen Krankenschwester aus der Notaufnahme, in der Stadt Scandinavia, Wisconsin, nieder. Hier zahlte sich sein Wissen über indianische Traditionen, Werkzeuge und Geschichte erneut aus. Er wurde als Direktor des New London Public Museum angestellt, das die Natur, die Geschichte und die Kultur der Ureinwohner der Region bewahrt. [1]
Privat führte Mel auch weiterhin Remote-Viewing-Aufträge aus, vor allem für spezielle Projekte anderer ehemaliger Militärangehöriger der Einheit. 2001 beendete er seine Arbeit im Museum und war danach bei der Firma Problems>Solutions>Innovations von Lyn Buchanan angestellt. [2]
Nach ihrem Ausscheiden aus dem Berufsleben genossen Mel und Edith weiterhin das Leben in der wunderschönen Umgebung, in der sie lebten. Traurigerweise verstarb Mel am 25. April 2020 um 6:06 Uhr morgens im Krankenhaus in der Nähe ihres Hauses an den Folgen von Lungenkrebs. Trotz der anhaltenden COVID-19-Einschränkungen konnte Edith, die ihn immer geliebt und unterstützt hat, an seiner Seite sein. [1]
Quellen:
- [1] Webseite von Paul H. Smith https://rviewer.com/Remote_Viewing_Blog/biography-page/melvin-c-mel-riley/
- [2] Webseite von Lyn Buchanan https://www.crviewer.com/mel.php
- [3] Smith, Paul H.: Reading the Enemy’s Mind. Tom Doherty Associates. Kindle-Version.
Beispielsessions:
Iran, Ancient City of Bam (CRV) 19. November 1986
Colloseum, Training Session (CRV) 24. November 1986
Projekt 9001-A, Projektbericht mit Skizzen von Mel Riley, 8. Februar 1990