Hella Hammid arbeitete als erste Zivilperson ab 1974 mit Russell Targ und Dr. Harold E. „Hal“ Puthoff zusammen. Die großen Erfolge am SRI mit Ingo Swann und Pat Price veranlassten die staatlichen Auftraggeber zu dem Auftrag an die Forscher, man möge „ganz normale“ Menschen finden – die nicht von Geburt an paranormal begabt waren und keine PSI-Erfahrungen haben – und als Kontroll-Personen mit ihnen arbeiten.
Die erste Remote Viewerin, die ein „Normaler Mensch“ war
Die Geschichte und die Leistungen von Hella Hammid haben wesentlich den Weg bereitet für die Erkenntnis, dass PSI-Wahrnehmung (und damit auch Remote Viewing) eine dem Menschen immanente Fähigkeit ist.
Hella Hammid war eine langjährige Freundin von Russell Targ aus New Yorker Zeiten, die fast ihr ganzes Leben die Welt durch den Sucher einer Leica betrachtet hatte. Als Fotografin hatte sie sich einen Namen gemacht, nun war sie gespannt auf die Herausforderung, als „Kontroll-Person“ ans SRI zu kommen, um die Frage zu beantworten, was ein ganz normaler Mensch im PSI Bereich leisten könnte. Hella kam mit keinerlei Vorerfahrung in Sachen PSI und ASW (außersinnlicher Wahrnehmung), und hätte sicher selbst nicht gedacht, dass ihr Engagement in dieser Sache am Ende acht ganze Jahre dauern würde. Die Remote-Viewing-Episode in Hella Hammids leben war intensiv und voller Überraschungen, nicht zuletzt für sie selbst. Im Jahr 1982 verließ Hella Hammid das SRI zusammen mit Russell Targ und wandte sich dann in Los Angeles wieder höchst erfolgreich ihrer Fotografie zu.
Hella war am SRI sehr beliebt, weil sie eine sehr warmherzige und charmante Person war. Zur Überraschung aller wurde sie zur zuverlässigsten Remote Viewerin am Institut. Ihre Fähigkeiten und ihre Zielgenauigkeit überstieg selbst die von Pat Price um das 10-fache. Bei ihren neun Versuchen, entfernte geografische Ziele wahrzunehmen, erzielte Sie eine statistisch signifikante Wahrscheinlichkeit von nahezu eins zu einer Million (1,8 x 10 -6), dass ihre Eindrücke zufällig aufgetreten sein könnten. Sowohl ihre als auch Pat Prices Ergebnisse wurden in den Proceedings of the IEEE vom März 1976 veröffentlicht. Das wiederum ermunterte andere Wissenschaftler, die Versuchsreihen international erfolgreich zu wiederholen (darunter die Universität Princeton, Universitäten in Russland, Holland und Schottland). Insgesamt gab es fünfzehn erfolgreiche Wiederholungen der Versuchsreihen bis 1982.
In einem Bericht aus dem September 1979, (verfasst von der „AMSAA Grill-Flame Kerngruppe“, Skip Atwater, Mel Riley, McMoneagle und Manfred Gale), wird besonders auf Hella Hammid und ihre Arbeitsweise eingegangen.
Hella Heyman Hammid (1921–1992)
Hella war eine deutsch-amerikanische Fotografin, die unter anderem an der UCLA lehrte. Sie wurde in Kronberg im Taunus (nahe Frankfurt/Main, Deutschland) als Hella Hilde Heyman geboren und emigrierte aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln 1937/38 in die USA. Zunächst lebte sie in New York City, später in Los Angeles. Schon ihre Mutter war Fotografin, und weil Hella ihr immer half, konnte sie sich das Handwerk von Grund auf aneignen. In Kalifornien assistierte sie der Malerin und Kunsthändlerin Galka E. Scheyer bei Kursen und Ausstellungen. Frau Scheyer half ihr auch durch eine Referenz, am „Black Mountain College“ Nicht zuletzt diese beiden Bausteine legten die Basis für ihr späteres künstlerisch-fotografisches Schaffen. Galka Scheyer war es auch, die mit ihrem Empfehlungsschreiben Hella eine Aufnahme am Black Mountain College (North Carolina) sicherte. Leider konnte sie aus finanziellen Gründen das Studium dort nicht beenden, sondern kehrte nach NYC zurück, wo sie an Filmsets assistierte und sich als freischaffende Fotografin und Autorin etablierte.
Ihre Fotografien erschienen in verschiedenen Publikationen wie Life, Ebony, The Sun und The New York Times. Eines ihrer Fotos wurde im MoMA gezeigt (in der einflussreichen Ausstellung „The Family of Man“, 1955).
Heyman heiratete den Regisseur und Kameramann Alexander Hammid (Alexandr Hackenschmied) nach dessen Scheidung 1948 von Maya Deren. Sie hatte ihn bei gemeinsamen Filmarbeiten kennengelernt. Die beiden hatten zwei Kinder, die Familie wohnte die meiste Zeit in Upper Manhattan, NYC. Hella starb am 1. Mai 1992.
Remote Viewing von Hella Hammid
Bereits Hellas allererste Session war ein Erfolg, der wegen seiner visuellen Prägnanz von ihrem Kollegen Russell Targ bis heute gern als Beispiel zitiert wird.
In diesem Zusammenhang beschreibt Targ, der damals der Interviewer von Hella (und auch von den anderen Viewern) war, dass er es für besonders wichtig hält, welche Worte man wählt, um den Viewer nach seinen Eindrücken zu fragen. Das Verfahren seinerzeit basierte auf den sogenannten Outbounder-Experimenten, bei denen sich eine Person an einem zufällig ausgewählten Ort in der Bay Area aufhielt, während der Viewer gleichzeitig gebeten wurde, dessen Aufenthaltsort zu beschreiben. Dazu wurde er von einem „Interviewer“ befragt. Dieses sogenannte „Generic Remote Viewing“ – wie es rückwirkend genannt wurde – war die grundsätzliche Arbeitsweise der Viewer bei allen SRI-Experimenten in dieser ersten Dekade der Remote Viewing Geschichte.
In seinem Vortrag „A Tribute to Hella Hammid: The First Woman Remote Viewer“, den er gemeinsam mit Stephan Schwartz auf der IRVA-Konferenz 2009 hielt, sowie in dem Dokumentarfilm „Third Eye Spies“ zeigt Russell Targ noch einige interessante Beispiele ihrer Arbeiten.
Eindrucksvoll war unter anderem ihr geistiger „Besuch“ in Leonid Breschnews Arbeitszimmer im Kreml, ein Target, dass ihr 1981 von offizieller Seite gegeben worden war. Hella beschrieb eine rote Ledertür mit Polsternägeln, danach einen großen Schreibtisch rechts, Fenster links, und eine Tür in der Wand hinter dem Schreibtisch. Als Targ drei Jahre später von Moskau zu einem Besuch eingeladen worden, hatte er die Gelegenheit, sich diesen Ort live anzusehen und fand alles genau so vor, wie von Hella beschrieben. Lediglich den geheimen unterirdischen Computerraum, den sie ebenfalls beschrieben hatte, konnte Russell natürlich nicht betreten.
––– Remote Viewing mit Glückssocken
Eine der charmanten Geschichten rund um Hella ist, dass Sie, ebenso wie Pat Price, ein kleines Ritual hatte, wenn sie in eine RV-Sitzung ging. Jener putzte jedesmal seine Brille – und Hella zog ihre „Glückssocken“ an, bei denen auf jedem der beiden großen Zehen ein Auge aufgestickt war … um besser „sehen“ zu können.
Von Deep Quest zum Alexandria-Projekt
Aus den Aufzeichnungen und Auswertungen jener Zeit geht hervor, welche grundlegenden Fragen die Forschung zunächst zu untersuchen hatte. Viele Dinge, die uns heute selbstverständlich erscheinen, waren es damals keineswegs. Beispielsweise listet die Tabelle zu den First-Place-Matches aus Hellas erster 9-er-Serie die Entfernung der einzelnen Target-Orte mit auf. Man wusste zu dieser Zeit noch nicht, ob und auf welche Art PSI-Signale übertragen werden, und untersuchte deren Abhängigkeit von der Entfernung ebenso wie die von der Abschirmung. Man bedenke, wie kühn oder verrückt vor diesem Hintergrund Ingo Swanns View auf den Jupiter vom April 1973 erscheinen musste.
Irgendwann waren beinahe sämtliche elektromagnetischen Spektren als Überträger ausgeschlossen worden und übrig blieben allein die ELF -Wellen. Um das zu prüfen, müsste man sich in einem U-Boot weit unter dem Meeresspiegel aufhalten, hiess es. So kam es im Frühling 1977 zum bekannten „Deep Quest“-Experiment in Zusammenarbeit mit Stephen A. Schwartz. Hella überwand für dieses Experment ihren Unwillen gegenüber Schiffen und Booten und begab sich an Bord. Drei verschiedene Fragen wurden bei dem Tauchgang gleichzeitig untersucht: Haben die ELF-Wellen einen Einfluss auf RV? Kann man die Technik ARV auf Schiffen und U-Booten für die Kommunikation nutzen? Kann man ein unbekanntes Wrack auf dem Meeresgrund lokalisieren?
An Bord des U-Bootes fand damals die allererste ARV-Session der Welt statt.
––– Die Geburtsstunde von ARV
Als Hella Hammid gefragt wurde, ob sie an dem U-Boot-Experiment teilnehmen wolle, war ihre erste Antwort: „I really don’t like boats.“ (Ich mag Schiffe wirklich nicht). Trotzdem überwand sie sich und stieg ein. Hella und Ingo sollten jeweils 4 Tauchgänge mit der Taurus I durchführen, und zwar bis zu einer Tiefe von 170 m. Der Versuchsaufbau orientierte sich an den bisher schon bekannten Outbounder-Experimenten. Vom U-Boot aus, zu einem vorher bestimmten Zeitpunkt, beschrieben die Viewer den Aufenthaltsort von Puthoff und Targ, der wie immer zufalls mäßig aus einer Auswahl von 6 Orten in der Bay Area bestimmt wurde.
Schwartz, der das U-Boot-Experiment seit Herbst 1976 organisiert hatte, brachte eine zusätzlichen Fragestellung ein: Konnte diese Form des Remote Viewings als eine Art Verständigung mit U-Booten verwendet werden? Was wäre, wenn jedes der möglichen Targets mit einer Botschaft verknüpft war? Ein großer Springbrunnen im Targetpool könnte beispielsweise für den Befehl „Auftauchen für Funkkontakt“ stehen, wenn das Target ein Schwimmbecken war, könnte die Botschaft stattdessen lauten „unter dem Polareis verstecken und weitere Instruktionen abwarten“. Über ein solches Kommunikationskonzept hatten Hal Puthoff und Dale Graff bereits unabhängig voneinander nachgedacht, deshalb sie halfen bei der Entwicklung des Botschaft/Target-Sets. Eine Liste mit 6 Targets und den jeweils zugeordneten Botschaften für das U-Boot wurde versiegelt und dem Viewer erst nach der Session ausgehändigt. Er sollte nun bestimmen, welchen der sechs Orte er mit seinem View am besten beschrieben hatte. Die Botschaft auf der Rückseite des gewählten Targets war dann die Handlungsanweisung für den U-Boot-Kapitän. Dies war die Geburtsstunde dessen, was später als ARV – oder „Associative Remote Viewing“ – bekannt wurde.
Hammid begann die Versuchsreihe. Das kleine U-Boot sank in eine Tiefe von 170 m bzw. über 550 ft unter dem Meerespiegel. Unterhalb des Bootes befanden sich noch einmal 500 ft Wasser bis zum Meeresboden. Diese Position war berechnet, um eine maximale Abschirmung der ELF-Wellen zu erreichen, deren mögliche Beteiligung als Übertragungsmedium man ja vorrangig untersuchen wollte. Hella Hammid wurde bei diesem Durchgang seekrank, weil das kleine U-Boot an der Oberfläche heftig schaukelte, bevor es in Tauchfahrt ging. Trotzdem nahm sie alle Konzentration zusammen und viewte zur vorbestimmten Zeit den Ort, an dem sich Puthoff und Targ 500 Meilen entfernt aufhielten. Sie beschrieb richtig einen großen Baum, mit einem Abhang dahinter. Außerdem notierte sie, Puthoff sei „sehr unwissenschaftlich“ im Baum herumgeturnt. Tatsächlich war er in die Baumkrone hinaufgeklettert. Swann folgte als nächster und lag mit dem von ihm beschriebenen Target – dem Atrium einer belebten Shopping Mall – ebenso richtig.
Beide Viewer hätten insgesamt 4 Tauchgänge absolvieren sollen, aber die Taurus änderte ihre Einsatzpläne und so mussten sich die Forscher mit dem zufriedengeben, was sie bis jetzt hatten. Aber diese waren bemerkenswert und ein wichtiger Meilenstein der Forschung. Zunächst war klar, dass auch ELF als Übertragungsweg ausgeschlossen werden konnte. Das bedeutete jedoch auch, dass das gesamte elektromagnetische Wellenspektrum für die Erklärung von PSI-Wahrnehmung ausschied. Das wiederum ergab dramatische Schlussfolgerungen: Anscheinend gab es keinen bekannten physikalischen Weg, irgendein Target vor den Augen eines Remote Viewers abzuschirmen. Dieser Fakt, der für die Geheimdienste in der Zukunft noch sehr interessant werden sollte, bedeutete gleichzeitig den Ausschluss des Remote Viewing von den Mainstream-Wissenschaften. Da man das Phänomen der PSI-Wahrnehmung nicht mit physikalischen Mitteln erklären konnte, passte es nicht in das wissenschaftliche Weltbild. Was die Wissenschaft nicht erklären konnte, wurde als „unwissenschaftlich“ fallengelassen.
Für die Geschichte des Remote Viewing spielten dieser Versuch und seine Ergebnisse eine zentrale Rolle. Hella hält also mindestens drei Titel: Erste weibliche Remote Viewerin, erste „Normalmensch“-Viewerin ohne mediale Vorerfahrung, erste ARV-Session.
Mit Stephan A. Schwartz verbanden Hella Hammid später insgesamt 15 Jahre Zusammenarbeit und 9 Expeditionen. Das „Alexandria-Projekt“ ist sicher das bekannteste Großprojekt jener Zeit, ebenso die Suche nach der Brigg Leander, dem Schiffswrack. Für diese Arbeit wurde der Begriff „psychic archaeology“ geprägt.
Ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1977 berichtet über den ersten Teil des „Deep Quest“-Experiments und das „Mobius laboratory“ von Stephan A. Schwartz. Sieben Remote Viewer, unter anderem Ingo Swann, Hella Hammid und der recht bekannte Hellseher Alan Vaughn wurden gebeten, ein Schiffswrack zu lokalisieren, das auf dem Meeresgrund vor der Kalifornischen Küste vermutet wurde. Tatsächlich bestimmten die Viewer relativ übereinstimmend einen Ort, und das Forschungs-Tauchboot „Taurus I“ fand die Überreste an dem beschriebenen Ort.
The Case of ESP — Original, Uncut 1983 BBC Film
(04.12.2013)